Das Philharmonische Symphonieorchester Łódź nach der Uraufführung von “Lumières”.Im Hintergrund die Doppelorgel (romantisch und barock) der Philharmonie Łódź, Bildrechte: Richard Lorber

22.11.2025

Als Ballettmusik en vogue war

Posthume Uraufführung des Balletts „Lumières“ von Alexandre Tansman in Łódź

In den 1930er-Jahren war der aus Łódź stammende Pianist und Komponist Alexandre Tansman ein Star. Man sagt, dass er der erste war, der als Musiker eine wirkliche Welttournee rund um den Globus unternahm. Schon 1931, da war gerade mal Anfang 30, erschien in Amerika eine Monographie über ihn.

In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts interessierten sich wichtige Komponisten für Ballettmusik, man denke nur an Strawinskys „Le sacre du printemps“, an Ravels „Ma mère l’oye“ oder an Bartóks „Der wunderbare Mandarin“. Auch Tansman, der seit 1919 in Paris lebte, interessierte sich für das Genre. Er komponierte insgesamt zehn Ballettmusiken und war 1932 auch Juror in der „First International Choreography Competition“ in Paris. Der dort ausgezeichnete Choreograph Kurt Jooss hatte mit „La Grande Ville“ ein Stück im Repertoire, dem Musik von Tansman zugrunde lag.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kümmerte man sich in seinem Heimatland unter dem Kommunismus kaum um die Musik von Tansman, der bis 1986 lebte. Und auch im Rest von Europa war Musik in neoklassizistischer Stilistik nicht mehr en vogue. Dabei war Tansman äußerst produktiv. Sein Schaffen umfasst, wie auf der Website Les amis d’Alexandre Tansman“ nachzulesen ist, hunderte von Werken aus allen Gattungen. Es bedurfte aber intensiver musikologischer Untersuchungen, um einen zuverlässigen Werkkatalog herzustellen. Dabei stellte sich auch heraus, dass ein Werk in den Archiven von Tansmans Verklag Durand Salabart Eschig schlummert, dass noch nie gespielt wurde, nämlich die Ballettmusik „Lumières“ aus dem Jahr 1931. „Lumières“ wurde nun im November endlich in Tansmans Heimatstadt Łódź uraufgeführt, kurz nach der Uraufführung im Juni des anderen bis dato nie gespieltes Ballett mit dem Titel ”He, She and I” in Warschau. Es findet in Polen also so etwas wie eine Renaissance, zumidnest aber ein wieder gesteigertes Interesse an Alexandre Tansman statt.

Bei der Uraufführung von „Lumières“ in der Philharmonie von Łódź mit dem örtlichen Symphonieorchester unter Leitung von Norbert Twórczyński hörte man ein 30-Minuten-Stüc, voller Farben und mit unzähligen musikalischen Einfällen. Die Überschriften der vier Sätze wie „Staßenlaternen“, „Metro“ oder „Lichtreklame“ sagen, dass es hier um Lichter in einem urbanen Umfeld geht. Das Libretto dieses Balletts ist allerdings verschollen oder hat nie existiert, das weiß man bis heute nicht. In Tansmans Musik gibt es hin und wieder Jazzanklänge, es gibt Passagen, die an in neoklassizistischer Stilistik an Barockmusik erinnern, es gibt regelrechte Fugen, es gibt brachiale Fortissimo-Attacken des ganzen Orchesters, und es gibt impressionistische Klangpinselstriche. Ihm kam es offenbar darauf an, seine Souveränität in der Instrumentation und der Invention unter Beweis zu stellen. Da steht er seinen Zeitgenossen Strawinsky und Ravel nicht nach, vielleicht aber im Hinblick auf eine stringente künstlerische Grundidee. Der Zusammenhang zwischen Lumières/Lichtern und dem, was man hört, ist nicht besonders einleuchtend. Da gibt es für jeden Choreographen viel zu tun. Aber gut, dass man sich zumindest in Polen wieder an diesen außergewöhnlichen Musiker erinnert.

Programm des Konzerts am 21.11.2025 in der Philharmonie Łódź:
Maurice Ravel, Le Tombeau de Couperin
George Gershwin, Rhapsody in Blue
Aleksander Tansman, Music für das Ballett „Lumières” (Uraufführung)

Anna Fedorowa, Klavier
Philharmonisches Symphonieorchester Łódź
Norbert Twórczyński, Leitung