Jordan Shanahan (Wotan), Mauro Peter (Loge) © Matthias Jung

Richard Wagner, „Das Rheingold“ in Köln

Es beginnt nicht „auf dem Grunde des Rheines“ sondern auf einem Abendempfang, wo der elegant gekleidete Alberich mit den anwesenden Frauen flirtet. Kinder bevölkern die Szenerie. Noch ist nicht klar, dass sie, so der Regisseur Paul-Georg Dittrich, „das unberührte Element“ darstellen und der Ring deren „instrumentalisierte Fantasie“.

Zunächst folgt mit der 2. Szene des Kölner „Rheingolds“, in der Wotan mit den Riesen um die Bezahlung Walhalls streitet, eine Mischung aus Kindertheater und Barocktheater mit schematischen Kulissen, grellen Farben und lustigen Kostümen, die von Mona Ulrich geschneidert wurden. Selten hat man einen so komischen Wotan gesehen mit Germanenhelm , einer Zopf-Frisur und Karnevalsrittermantel oder eine krakeelende Freia als pinkfarbenes Girlie. Passend die von Andreas die knallbunten Lichtstimmungen, die Andreas Grüter designed hat.

Dazu spielt das Gürzenich–Orchester Köln unter Marc Albrecht eine mal donnernde, rumpelnde Musik bei der Ankunft der Riesen in weiß-blau/grün gestreiften Anzügen, dann wieder treibt Albrecht alle Beteiligte in ein flottes komödiantisches Tempo. Szene und Musik gehen hier intelligent ineinander über.

Beim Komödienstadl bleibt es aber nicht. Nibelheim ist eine Gerüstkonstruktion mit Zellen, in denen die Kinder von vorher vegetieren. In der Mitte haben die Bühnenbildnerinnen Pia Dederichs und Lena Schmid einen großer Stahlring eingebaut als Aktionsfläche von Alberich, der nun mit Trash-Tattoos übersät ist und wendig durch die Szenerie klettert und der in Person von Daniel Schmutzhard ebenso beweglich wie prägnant artikuliert und seinen Part auch zu größeren Bögen gestaltet etwa in dem markerschütternden, aber doch aus innerer Bewegung ausgelösten Fluch. In dieser Szene haben Wotan und Loge ihre karnevalsartigen Kleider abgelegt und tragen förmliche Abendgarderobe. Was sie nicht davon abhält, wenig später in der 4. Szene Alberich mit einem Elektroschocker zu foltern. Spätestens hier wird es ganz ernst, auch wenn Freia das Stockholm-Syndrom befällt und sie sich in Fasolt verliebt, eine Wandlung vom puppenhaften Mädchen zur empathischen Person, die Emily Hindrichs auf der Bühne glaubhaft vollzieht.

Der eigentliche Drahtzieher ist Loge, den Mauro Peter mit einer großen Palette an stimmlichen und schauspielerischen Ausdrucksmöglichkeiten verkörpert, von sarkastischen Kommentaren wie „Zur Buße gehört auch die Beute“ bis zu regelrechten Verzweiflungsgebärden und -lauten am Schluss, wenn er den Rheintöchtern zuruft „Ihr da im Wasser! Was weint ihr herauf“. An dieser Stelle steuert Marc Alberecht die Musik in ein zagendes Piano. Es ist die Vielfalt der Klänge, die an diesem Abend besticht, tönte Wagner vorher noch wie eine „Drauflos“-Band und erst ganz Schluss mit dem Walhall-Motiv im Breitwandsound.

Die maximale Orchesterpräsenz führte aber nicht dazu, dass die Solisten etwa untergingen. Wotan, wie er von Jordan Shanahan gesungen wird, strahlte ein fast leichtes Baritontimbre aus, war in der Artikulation so beweglich wie ein Liedsänger und stand den beiden anderen Hauptfiguren, Alberich und Loge in nichts nach. Er verkörpert weniger den machtbewussten Weltherrscher als einen in seinen Handlungen unsicheren Menschen, der sich an Erda klammert, die mit riesigem Reifrock auftaucht, unter den die Kinder kriechen. Adriana Bastidas-Gamboa artikuliert mit stoischer Eindringlichkeit, sonorer Altstimme und kalkweißem Gesicht ihre Mahnungen.

Für die Götterburg Walhall halten die Bühnenbildnerinnen noch eine weitere interessante szenische Lösung parat. Es sind riesige Videostelen, vor denen die Götter stehen, die nach und nach entsprechend der Reihenfolge in den Schlussgesängen erleuchten und einen Videomix (Robi Voigt) aus Porträt-Großaufnahmen, Bildern von technischem Fortschritt wie Raketen oder Chips und auch Militärisches zeigen.

Der Start des neuen Kölner „Ring des Nibelungen“ startete mit „Rheingold“ verheißungsvoll, dramaturgisch assoziationsreich, musikalisch vielgestaltig und von einer geradezu überbordenden Bilderfülle.

Premiere: 26.10.2025, noch bis zum 16.11.2025

Besetzung:
Wotan: Jordan Shanahan
Donner: Miljenko Turk
Froh: Tuomas Katajala
Loge: Mauro Peter
Alberich: Daniel Schmutzhard
Mime: Martin Koch
Fasolt: Christoph Seidl
Fafner: Lucas Singer
Fricka: Bettina Ranch
Freia: Emily Hindrichs
Erda: Adriana Bastidas-Gamboa
Die Rheintöchter: Giulia Montanari, Regina Richter, Johanna Thomsen

Gürzenich-Orchester Köln

Musikalische Leitung: Marc Albrecht
Inszenierung: Paul-Georg Dittrich
Bühne: Pia Dederichs, Lena Schmid
Kostüme: Mona Ulrich
Video: Robi Voigt
Licht: Andreas Grüter
Dramaturgie: Svenja Gottsmann