
Tommaso Traetta: Rex Salomon; Suzanne Jerosme, Eleonora Bellocci, Marie-Eve Munger, Grace Durham, Magdalena Pluta, NovoCanto, Theresia, Christoph Rousset (2023); cpo
Ein zeitgenössischer Kritiker bemerkte, dass die „Mädchen“ mit „durchschnittlichen Fähigkeiten“ Freude bereitet hätten anstatt durch „große Fertigkeit und Überheblichkeit“. Will sagen, es gehe in dem Stück nicht um Virtuosität und Theatralik. Aus heutiger Sicht ist das kaum nachvollziehbar, denn die Arien erforderten von den Waisenkindern des Ospedaletto dei Derelitti in Venedig, die das Oratorium 1766 an Mariae Himmelfahrt uraufführten, höchste Virtuosität. Z. B. die Arie des Salomon „In pace respirando“, mit den von Suzanne Jerosme souverän gemeisterten rasanten Koloraturen, Sprüngen und dramatischen Ausbrüche in höchster Lage. Dass sie hier in einem geistlichen Oratorium singt, wo König Salomon darüber nachsinnt, dass der Geist durch Kontemplation selig wird, merkt man nicht, wahrscheinlich aber die damaligen Zuhörer dieses mehrfach wieder aufgenommenen Werks durchaus, in dem es um ein Lobpreis der Weisheit Salomons durch die Priester Zadok und Abjatar geht, um die Bekehrung des Ammoniters Adon und um die Huldigungen der Königin von Saba, Szenen wie sie im Buch der Könige zu lesen sind. Die bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik entstandene Aufnahme kombiniert in den fünf Rollen klugerweise fünf verschiedene Timbres an Frauenstimmen, von dem dunklen körnigen Alt von Magdalena Pluta, über Grace Durhams wohlklingenden Mezzo bis zu den drei Sopranen von Marie-Eve Munger, Eleonora Bellocci und eben Suzanne Jerosme. Christoph Rousset animiert das Jugendorchester für Alte Musik Theresia zu forschem Spiel, das gerade auch in den zahlreichen Horn-Arien immer blitzsauber klingt. Ob es hier und da Möglichkeiten zu etwas mehr der im Libretto beschworenen Kontemplation gegeben hätte, sei dahingestellt
Richard Lorber
Musik: ***-****
Klang: ****