Nicole Chevalier als Rusalka, Bildrechte: Barbara Aumüller

Antonín Dvořák, „Rusalka“ in Düsseldorf

Den Regisseur Vasily Barkhatov interessiert an Dvořáks Oper „Rusalka“ bei seiner Düsseldorfer Inszenierung nicht der Gegensatz zwischen Natur und Kultur, nicht das aufkeimende Sehnen der Nixe Rusalka, ein Mensch zu werden, der zur Liebe fähig ist und die herzlose Abweisung solchen Wünschens durch den Prinzen, der, wie Rusalka im 2. Akt beklagt, der Leidenschaft der Fürstin erlegen war, wie sie nur Menschen zukommt.

Barkhatov erzählt stattdessen die Geschichte der gescheiterten Emanzipation einer jungen Frau, die in jungen Jahren in ein Kloster gesteckt wurde, in dem unter Leitung eines Popen (das ist der bei Dvořák der Wassermann) und einer strengen Oberin (die Hexe Ježibaba) ein unmenschliches Regime geführt wird – als eine Assoziation übrigens an das sektiererische Kloster Sredneuralsky bei Jekaterinenburg, das 2020 geschlossen wurde.

Die Wasserwelt der Nixen wird im Bühnenbild von Christian Schmidt durch ein zentrales Taufbecken ersetzt sowie hier und da durch Schüsseln, Näpfe und Tröge. Die Nixen sind Mitschwestern im Kloster und ergehen sich in den Albernheiten und Sehnsüchten von Teenagern.

Rusalka erscheint in der Düsseldorfer Produktion nicht als ein aufblühendes, junges Mädchen, sondern als eine ernsthafte Frau mit großem Willen und einem Zug zur Nachdenklichkeit. So jedenfalls wird sie von Nicole Chevalier verkörpert, die ihr Lied an den Mond mit Inbrunst und Bestimmtheit singt, später in den Auseinandersetzungen mit der Hexe, insbesondere im dritten Akt, als sie verzweifelt zurückkehrt und Hilfe begehrt, dramatische Verzweiflungsschreie äußert. Der Prinz ist in dieser Inszenierung ein Motorradheld, der in einer Bar als Kellner arbeitet, nicht gerade ein Traummann. Einen solchen erblickt die Rusalka in einer golden gekleideten ätherischen Figur mit Kerzenkrone, das ist die vom Regieteam aufgewertete Rolle des Jägers, der nur aber als eine Art Phantom immer wieder erscheint.

Die Hochzeitfeierlichkeiten erlebt man als schnöde Karnevalsparty, bei der die wesentlichen Dinge auf einer Toilette verhandelt werden, insbesondere die Erniedrigung Rusalkas durch die Fürstin, die als Western-Lady im silbernen Kostüm Aufsehen erregt.

Über weite Strecken trägt der Gegensatz der beiden Schauplätze Kloster und Bar, auch mit Hilfe aufwändig gebauter Kulissen auf einer Drehbühne. Aber zugleich wird die Geschichte auch stark banalisiert und nur aufgefangen, weil Nicole Chevalier ein sehr interessantes Rollenporträt der Rusalka formt, die keine Spur mehr von einem Naturwesen zeigt, wohl aber das Verhalten einer traumatisierten Frau. Darauf deutet schon das Kostüm, das ihr Kirsten Dephoff genäht hat, hin, ein Tüllkleid darüber ein pinkfarbenes T-Shirt aus der Kindheit und darunter ein grünes Kostüm. Das sieht zwar sehr zusammengewürfelt aus, ist aber voller Symbolik.

In den anderen Hauptrollen verkörpert Luke Stoker den Wassermann mit sonorem Bass als einen mitfühlend besorgten Klostervorsteher, Anna Harvey ist als Hexe Ježibaba mit klarer dramatischer Fokussierung eine Art intellektuelles Zentrum des Geschehens und Giorgi Sturua als Prinz ein larmoyanten Schwächling, der sich zu seiner Tenoremphase regelrecht zu zwingen schien wie am Schluss bei seinem Schuldeingeständnis gegenüber Rusalka.

Harry Ogg dirigierte forsch, was an vielen Stellen zu einem druckvollen Orchesterklang mit Wagneranklängen führte, manchmal regelrecht lärmend wirkte wie in der Festmusik des 2. Aktes und nur selten rheingoldhaft umspielende Wasserklänge erzeugte.

Besuchte Vorstellung: 04.07.2025, Premiere: 15.06.2025, noch bis zum 11.07.2025

Besetzung:
Der Prinz: Giorgi Sturua
Die fremde Fürstin: Sarah Ferede
Rusalka: Nicole Chevalier
Der Wassermann: Luke Stoker
Ježibaba: Anna Harvey
Wildhüter: Jorge Espino
Der Küchenjunge: Kimberley Boettger-Soller
Nymphen: Mara Guseynova, Elisabeth Freyhoff, Katya Semenisty
Ein Jäger: Henry Ross

Chor der Deutschen Oper am Rhein
Düsseldorfer Symphoniker

Musikalische Leitung: Harry Ogg
Inszenierung: Vasily Barkhatov
Bühne: Christian Schmidt
Kostüme: Kirsten Dephoff
Licht: Alexander Sivaev
Chorleitung: Patrick Francis Chestnut
Dramaturgie: Juliane Schunke