Cover-Foto: Dovile Sermokas

Donizetti: Dalinda; Lidia Fridman, Luciano Ganci, Paolo Bordogna, Yajie Zhang, u. a., Chor und Orchester der Berliner Operngruppe, Felix Krieger (2023) Oehms Classics

Nach der Uraufführung 1833 in Mailand wollte Donizetti „Lucrezia Borgia“ auch in Neapel herausbringen. Er arbeitete das Werk mehrfach um, um der strengen Zensur zu genügen. Die Oper wurde in die Zeit der Kreuzzüge und an einen Fürstenhof in Persien verlegt. Und aus der Papsttochter, Intrigantin und Blutschänderin Lucrezia Borgia wird die in ihrer Ehre beleidigte Dalinda. Auch die Musik, vor allem den 3. Akt, hat Donizetti umgearbeitet. Das Werk wurde trotzdem abgelehnt, und das Manuskript von „Dalinda“ blieb in Neapel zurück, verstreute sich, wurde wieder aufgefunden, von der Musikwissenschaftlerin Eleonora Di Cintio rekonstruiert, bei Ricordi veröffentlicht und von Felix Krieger und seiner Berliner Operngruppe im Mai 2023 aufgeführt. Der Livemitschnitt dokumentiert eine mustergültige Aufführung im Berliner Konzerthaus mit hervorragenden Sängern, die das dramatische Melos eines von Rossini emanzipierten Opernstils zur Geltung bringen, insbesondere von den beiden Hauptrollen Lidia Fridman als Dalinda und Luciano Ganci als deren unerkannter Sohn Ildemaro. Das ganze Projekt ist für die Donizetti-Rezeption verdienstvoll und bei der Berliner Operngruppe, die in der Vergangenheit schon mehrere Wiederentdeckungen aus dem italienischen Belcanto- und Verismo-Repertoire vorgestellt hat, in den besten Händen. Wer aber bei der Uraufführungsfassung von „Lucrezia Borgia“ bleiben will, wird auch mit dieser gut zurechtkommen.

Richard Lorber

Musik ****  Klang ****